Vielleicht kennt ihr Das. Ein neuer Lebensabschnitt beginnt und schnell hat man sich eingerichtet und das Vergangene hinter sich gelassen. Doch das gelang mir nicht so ganz, denn ein Projekt wurde nicht rechtzeitig beendet.
Für mich trifft das auf das Interregprojekt Bi-Bus zu. Im Mai 2020 erschien in „Buch und Bibliothek“ dazu ein Beitrag Es ist ein bibliothekarisches Herzensstück von mir. Damit die Kinder in den Schulen weiterhin mit Medien versorgt werden, benötigt es in Saarbrücken, mit nur einer Zentralbibliothek in der Innenstadt, dringend eines Bücherbusses. Doch Finanzen waren und sind im kleinsten Flächenbundesland immer knapp.
Aus der finanziellen Not wurde ein Stück deutsch-französischer Zusammenarbeit. Was noch fehlte war der neue Bus. Elektrisch fahren sollte er. Allein diese Entscheidung um die Antriebsart wurde immer wieder hoch diskutiert. Die erst Ausschreibung scheiterte an den hohen Hürden und dem vorhandenen Angebot. Noch im April 2021, da war ich schon in Lübeck, erreichte mich ein „Notruf“ des Dezernenten. Während in Luxemburg Schulbusse schon elektrisch unterwegs waren, sollte es uns im Saarland nicht gelingen?
Es gelang, doch das konnte ich nicht mehr begleiten. Bei meinem Abschied nach Lübeck wünschte ich mir lediglich einen Einladung, wenn der neue Bus auf dem Hof steht. Diesen Wunsch hat man mir erfüllt. Am 15.12.2022 und damit genau 2 Jahre nach meinem letzten Arbeitstag war Premiere in Saarbrücken. 14 Tage, bevor das Interregprojekt Bi-Bus abgeschlossen ist, rollte der neue Bus auf den Hof. Der alte Bus hatte nach über 34 Jahren Laufzeit zwei Wochen zuvor endgültig den Geist aufgegeben.
So entdeckte ich kurz Saarbrücken mit vielen Déjà vu noch einmal wieder. Wenn man dort die Nachrichten von Regionalzeitung und SR-Fernsehen folgt, kommt ein das eigene Bundesland stinklangweilig vor. Oder eben Norddeutsch beschaulich und zufrieden.
Doch nun zum Bus, der auch weiterhin auf deutscher und französischer Seite fahren wird. Ein Volvo aus Schweden, umgebaut von Volvo in Polen und eingerichtet in Finnland von Kiitokori – ein echtes Europafahrzeug.
Die technischen Daten:
Länge: 12 Meter / Breite: 2,55 Meter / Höhe: 3,3 Meter / Leergewicht: 12.260 kg / Zul. Gesamtgewicht: 19.000 kg / Antrieb: Elektro / Reichweite: ca. 250 km / Batteriepacks: 5 mit je 90 kWh pro Stück und somit Gesamtleistung von ca. 450 kWh / 200 kw (272 PS) / Höchstgeschwindigkeit: 80 km/h / Sitzplätze: 3 / Antriebsbatterie: 600 V und Fahrgestellbatterie 2x12V
Die Innendaten:
Platz für ca. 800 Medien / 2 Rollcontainer / Barrierefreiheit über Rampe / Toilette / ein Verbuchungstisch / Projektor und Leinwand zum Aufhängen / Multifunktionslicht und viel Platz zum Erzählen für die Kinder
Das Projekt Bi-Bus ist auch in seiner Aufgabe kein gewöhnlicher Bücherbus. Während viele Busse mit Medien vollgestopft sind, ist hier Platz für Menschen, die Deutsch und Französisch mitbekommen. Ausleihen dürfen in Frankreich nur die Lehrpersonen, in Deutschland weiterhin die Kinder. So sind die unterschiedlichen pädagogischen Ansätze auch Teil des Projektes. Die Distanzen sind ideal für Elektrisch und zudem hält der Bus meist nur vor Schulen. Wer will da noch Verbrenner? Für ein E-Kennzeichen hat es jedoch nicht gereicht.
Sehr gefreut habe ich mich, das eine Idee aus dem Kinderbücherbus von Espoo (FIN) übernommen wurde. Dort faszinierte mich die Innenraumbeleuchtungsmöglichkeit. So auch hier (Danke für das Bild an die dbv-Kommission Fahrbibliotheken: https://www.fahrbibliothek.de/)
Natürlich ließen sich auch die aktuellen Saarbrücker Zuständigen fotografieren. Die Saarbrücker Zeitung berichtete jedoch erst Tage später und der sonst sehr zuverlässige SR war abgelenkt von einer Pressekonferenz eines Filmfestivals. Zuvor wurde jedoch gut berichtet, wie man auf Bi-Bus.eu auch sehen kann. Natürlich gab es interne Statements und Social Media Aktivitäten:
https://www.saarbruecken.de/rathaus/presse_und_online/artikeldetail/article-639b446582987
Als das Projekt begann, gab es weder den aktuellen Bürgermeister (den überzeugte ich noch auf seinem alten Arbeitsplatz vom Projekt), noch die Dezernentin für Kultur und meinen Nachfolger naturgemäß auch nicht. Auf deutscher Seite gab es viele Wechsel. Einzige und sehr entscheidende Konstante war eine leitende Mitarbeiterin aus dem Büro für europäische Zusammenarbeit im Saarbrücker Rathaus. Als ursprünglich Hamburgerin gab es zum Präsentationstermin eine nordische Lakritzmischung nach Wunsch. Ohne uns zwei Nordlichter hätte das Saarland wohl keinen Bi-Bus!
Bevor nun die Galerie beginnt, möchte ich kurz vom Tag danach erzählen. Mit alten Kolleginnen konnte ich die zwei Tage viel reden und sehr lecker essen und es war ganz wunderbar. Doch nun ist das Unvollendete endlich vollendet. Das Projekt ist abgeschlossen. Der erste E-Bücherbus Deutschlands, bei Frankreich bin ich mir nicht absolut sicher, fährt mit einem europäischen Verständigungsgedanken und die Kinder in Saarbrücken können weiter in den Schulen Medien ausleihen. Das Projekt ist abgeschlossen und fährt nun in das echte Leben. Zutiefst glücklich kann ich nun ebenfalls abschließen und loslassen. Ein wunderbares Gefühl. Es war das erste Mal in meinem Berufsleben, das ich einen Arbeitgeber nach dem aktiven Dienst noch einmal besucht habe!
Tschüß und Au revoir Saarbrücken – bye bye Bi-Bus. Mir bleibt ein Kartonmodell als Erinnerung. Den Kolleginnen und dem Fahrer, die diesen Leuchtturm (muss ja was nordisches in den Text) täglich bespielen dürfen wünsche ich eine lange Zusammenarbeit mit ihrem Gefährt und immer eine Handbreit Luft unter den Bodenschwellen.
Die Kollegen aus Luxemburg waren schon sehr interessiert am Präsentationstag vor Ort. Vielleicht schafft es der Bi-Bus ja nach Cuxhaven zur nächsten #IFBK (https://www.fahrbibliothek.de/ifbk23/) – da wo andere Leuchttürme zu Hause sind.
P.S.: Aus Gründen des Datenschutzes sind keine Namen genannt.